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Parlament: Neue Spielregeln im Landtag – Mehr Einbindung der Opposition

CDU, BSW, Linke und SPD beschließen eine umfassende Reform der Geschäftsordnung. Sie ziehen damit eine Lehre aus der Chaos-Landtagssitzung im Herbst. Aber es ändert sich noch mehr.

Im Parlament kann es schon mal hoch hergehen, doch dass eine Sitzung völlig aus dem Ruder läuft, ist ungewöhnlich. In Thüringen schaute die Bundesrepublik zu, wie im Herbst 2024 die erste Landtagssitzung nach der Wahl mit einem Alterspräsidenten der AfD im Chaos versank. Auch viele Thüringer Parlamentarier waren damals geschockt. Als Konsequenz aus dem Desaster hat sich der Landtag neue Spielregeln gegeben. Ein Überblick:

Verhindern die Regeln Chaos bei der ersten Landtagssitzung?

Das zumindest ist die Hoffnung der Fraktionen von CDU, BSW, Linke und SPD, die vor wenigen Tagen mit einer Mehrheit die Geschäftsordnung des Landtages geändert haben. Bisher leitete der älteste Abgeordnete eines neu gewählten Landtages die erste Sitzung, bis der richtige Landtagspräsident gewählt ist. In dieser Legislatur war das Jürgen Treutler von der AfD, für den es selbst die erste Landtagssitzung als Abgeordneter war. Künftig soll diese Aufgabe der dienstälteste Abgeordnete übernehmen. „Das bietet eine größere Gewähr, dass man einen in den Abläufen erfahrenen Abgeordneten hat, der diesem Amt besser gerecht werden kann“, erläutert CDU-Fraktionschef Andreas Bühl. 

Wie soll die erste Sitzung künftig ablaufen? 

Die bisherigen Regeln boten Raum für Interpretationen, was dazu führte, dass die AfD eine andere Rechtsauffassung vertrat als die anderen Fraktionen. Nun wurde der Ablauf der konstituierenden Sitzung klarer geregelt. Zuerst soll nun die Beschlussfähigkeit festgestellt werden, damit der neue Landtag handlungsfähig ist. „Wir haben damit klargezogen, dass es eine solch schwierige Landtagssitzung, wie wir sie erlebt haben, nicht noch einmal passieren kann“, sagt Bühl. Auch die Möglichkeit, die Geschäftsordnung noch vor der Wahl des Landtagspräsidenten zu ändern, wird ausdrücklich erwähnt. 

Welche Rolle spielen die schwierigen Mehrheitsverhältnisse?

Eine große. Das Hickhack bei der ersten Landtagssitzung gab es auch, weil die AfD als stärkste Kraft den Posten des Landtagspräsidenten beanspruchte und die anderen Fraktionen noch schnell die Geschäftsordnung ändern wollten, um das zu verhindern. Nach vier Jahren Minderheitsregierung gibt es nun eine Patt-Situation im Landtag. CDU, BSW und SPD sind bei Entscheidungen im Parlament auf das Verhalten der Opposition angewiesen. Deshalb solle die Fraktionen von Linke und AfD bei der Genese von Gesetzen stärker eingebunden. Dafür wurde nun das „prälegislative Konsultationsverfahren“ in der Geschäftsordnung verankert – ein Novum und eine Thüringer Erfindung. 

Was ist das?

Das „prälegislative Konsultationsverfahren“ sieht vor, dass die Landesregierung zum Beispiel ein Gesetzesvorhaben frühzeitig an die Landtagsfraktionen weiterreicht und um Impulse bittet, die dann später noch in den Entwurf eingepflegt werden können. „Wir haben aus dem Wahlergebnis vom 1.9. unsere Schlüsse gezogen und wollen eine breitere Interaktion zwischen Regierung und Opposition haben“, sagte Bühl. 

Als Vermittler soll der Landtagspräsident dienen, der die Unterlagen an die Fraktionen verteilt und die Stellungnahmen an die Landesregierung weiterleitet. Ziel der Übung ist es, Mehrheiten auszuloten, möglichst früh die Opposition einzubinden, um auch auf deren Vorschläge und Befindlichkeiten reagieren zu können. Der Thüringer AfD-Abgeordnete Stefan Möller warf der Brombeer-Koalition eine „privilegierte Partnerschaft mit der Linken“ vor. Das neue Verfahren sei auf die Linke zugeschnitten. Er schloss dennoch nicht komplett aus, dass die AfD Stellungnahmen zu Initiativen „von herausragender Bedeutung“ abgeben werde. 

Nimmt das Kontroversen aus den Debatten?

Das bleibt abzuwarten. Neu eingeführt wurde eine Regierungsbefragung. „Das wird mit Sicherheit nicht immer unanstrengend für die Minister sein. Aber ich würde sagen: Das ist ihr Job“, sagte Bühl zu dem neuen Format. Es sei wichtig, dass sich die Regierungsvertreter den Fragen der Abgeordneten in der Öffentlichkeit stellten. „Ich finde, das ist ein spannendes, neues Format.“ 

Möller hingegen bezeichnete die Änderung als „Rückschritt“. Es hänge nun stärker davon ab, welches Kabinettsmitglied anwesend sei, bei den vorher üblichen mündlichen Anfragen habe man immer mit Antworten rechnen können. Seiner Ansicht nach handele es sich um eine Möglichkeit, „die Kontrollbefugnisse des Parlaments hinter die Willkür der Landesregierung zu stellen“. 

Die neue Regierungsbefragung wurde nach dem Vorbild des Bundestages eingeführt. Sie soll in einer Plenarwoche am Mittwoch stattfinden und nicht länger als 90 Minuten dauern. Mindestens zwei Mitglieder der Landesregierung sollen dabei teilnehmen und zweimal im Kalenderjahr auch der Ministerpräsident. 

Etliche Abgeordnete empfanden die mündlichen Anfragen zuletzt als zäh und langwierig. Sie wurden nun umgewandelt: Jeder Abgeordnete kann einmal im Monat eine schriftliche Dringlichkeitsanfrage stellen, die aber nicht mehr als drei Fragen umfassen darf. Die Landesregierung hat dann nur zehn Tage Zeit für Antworten.