Album „Cowboy Carter“: Beyoncés späte Rache: Warum ihr Sieg bei den Grammys doppelt wichtig ist
Erstmals hat Beyoncé bei den Grammys den Preis für das „Album des Jahres“ gewonnen. Sie schreibt nicht nur Geschichte, sondern übt auch späte Rache an einer großen Ungerechtigkeit.
Es war der triumphalste Moment der Grammy-Verleihung am Sonntagabend in Los Angeles: Glücklich fiel Beyoncé ihrer 13-jährigen Tochter Blue Ivy in die Arme, bevor sie erstmals den Preis für das „Album des Jahres“ entgegennahm. „Das waren viele, viele Jahre“, sagte die 43-jährige lachend auf der Bühne. Sie fühle sich sehr zufrieden und sehr geehrt.
Taylor Swift bei den Grammys 08.36Für Beyoncé war es ein später Triumph, und das in gleich zweierlei Hinsicht: Die Amerikanerin war mit 32 Grammys bereits vor der diesjährigen Verleihung die meistprämierte Künstlerin in der Geschichte der Grammys. Doch ausgerechnet in der wichtigsten und Prestige-trächtigsten Kategorie „Album des Jahres“ hatte sie noch nie gewonnen. Mit insgesamt 35 Grammys und dem Sieg in der Hauptkategorie ist Beyoncé nun unangefochten die Nummer eins der Musikbranche. Mehr noch: Dass es speziell ihr erstes Countryalbum zum „Album des Jahres“ schaffte, muss ihr doppelte Genugtuung bieten. Denn damit übt sie späte Rache an einer großen Ungerechtigkeit.
Beyoncé gewann auch einen Grammy für das beste Country-Album
Mit „Cowboy Carter“ hatte sie es als erste schwarze Frau überhaupt auf Platz eins der amerikanischen Country-Charts geschafft. Ihr Hit „Texas Hold ‚Em“ war sogar zehn Wochen lang auf Platz eins der Country-Single-Charts und damit der zweiterfolgreichste Countrysong im vergangenen Jahr. Und trotzdem ging Beyoncé bei den Nominierungen für die Country Music Awards – der wichtigsten Preisverleihung der Country-Szene – komplett leer aus. Eine Brüskierung, die für einen Skandal sorgte.
FS Grammys roter Teppich 11.01
„Wenn sie Beyoncé ignorieren, werden sie jede andere schwarze Frau, die eine Nominierung verdient hätte, ignorieren. Das Problem ist viel größer als ‚Cowboy Carter'“, hieß es damals etwa im Netz. Der Rassismus-Vorwurf kommt nicht von ungefähr: Die Entscheidung über die Nominierungen wird jedes Jahr von den über 7000 Mitgliedern der Country Music Association getroffen – und die tun sich traditionell schwer damit, überhaupt schwarze Künstler und Künstlerinnen zu würdigen. Die Country-Musik-Szene gilt als weiß und konservativ. 2016 war Beyoncé das erste und einzige Mal bei den Country Music Awards gemeinsam mit den Dixie Chicks aufgetreten, wurde dabei ausgebuht und erhielt danach rassistische Kommentare. „Cowboy Carter“, so deutete Beyoncé es bei der Veröffentlichung des Albums einmal an, sei auch durch diese Erfahrung entstanden.
Doch auch die Grammys haben sich in der Vergangenheit schwer getan, schwarze Frauen zu würdigen. Die Rapperin Doechii war am Sonntagabend etwa erst die dritte Frau überhaupt, die den Preis für das „Beste Rap-Album“ entgegennehmen durfte. Und so verwunderte es nicht, dass Beyoncé ihren großen Preis einer weiteren Vorreiterin widmete. „Ich möchte das Frau Martell widmen und hoffe, dass wir weiter nach vorne ziehen und Türen öffnen“, sagte sie in Anspielung auf Linda Martell, mit der sie auch auf „Cowboy Carter“ zusammengearbeitet hatte. Martell gilt als die erste schwarze Countrysängerin.