Wahlkampf: Kein FDP-Antrag: Abstimmung über Migrationsgesetz absehbar
Kleine Runden mit dem Spitzenpersonal im Bundestag und eine lange Unterbrechung: Ein Gesetz der Union zur Zuwanderung wird zur Hängepartie. Nach Stunden trifft die FDP eine Entscheidung.
Der Bundestag soll doch schon heute über den Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zur Verschärfung der Migrationspolitik abstimmen. Die FDP verzichtet auf einen zuvor von ihrer Fraktion angekündigten Antrag für eine Vertagung der Abstimmung und weitere Beratung in den Ausschüssen. Zuvor hatte es zwischen den Fraktionen ein stundenlanges Gezerre über das weitere Vorgehen gegeben.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, er habe SPD und Grünen angeboten, dass die FDP einem rot-grünen Gesetzentwurf zur Migration zustimme, wenn diese im Gegenzug den Unions-Entwurf mittragen. Dieses Kompromissangebot sei aber abgelehnt worden. Dürr kündigte an, dass die FDP dem Unions-Gesetzentwurf zustimmen wolle.
Beratungen im Merz-Büro
Im Büro von Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hatte sich am Mittag eine Runde auf Spitzenebene getroffen – mit den Fraktionschefinnen der Grünen, Britta Haßelmann und Katharina Dröge, SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sowie FDP-Chef Christian Lindner. Dieser hatte zuvor erkennen lassen: „Wenn SPD und Grüne nur zurücküberweisen wollen, um den Antrag im Innenausschuss zu versenken, dann macht das keinen Sinn.“
Aus einer Sitzung der CDU/CSU-Fraktion war zu hören, dass die Union den Entwurf doch direkt zur Abstimmung stellen wolle. „Wir müssen heute entscheiden“, zitierten Teilnehmer übereinstimmend Unionskanzlerkandidat Merz aus der Sitzung. Es liege an der Union. Merz erhielt für seine Entscheidung demnach langen Applaus und Standing Ovations.
Vorab hatten FDP, AfD und das BSW Unterstützung für den Entwurf der Union signalisiert – offen war zunächst aber, wie viele Abgeordnete insbesondere bei FDP und Union tatsächlich zustimmen würden.
Entwurf mit strengeren Regelungen
Kern des Gesetzentwurfs ist eine Aussetzung des Familiennachzugs zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus. Zu dieser Gruppe gehören in Deutschland viele Syrerinnen und Syrer. Außerdem sollen die Befugnisse der Bundespolizei erweitert werden. Sie soll, wenn sie etwa an Bahnhöfen Ausreisepflichtige antrifft, selbst für eine Abschiebung sorgen können. Die Union dringt in ihrem Entwurf überdies darauf, das Ziel einer „Begrenzung“ des Zuzugs von Ausländern wieder ins Aufenthaltsgesetz aufzunehmen.
Bereits am Mittwoch hatte die Union mit Hilfe der AfD einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag durchgesetzt. Der Antrag hatte allerdings nur Appellcharakter. Die Empörung über das Vorgehen ist seitdem groß. Zehntausende Menschen gingen deshalb allein am Donnerstag auf die Straße – unter anderem in Berlin, Freiburg, Hannover und München.
Gesetz müsste in den Bundesrat
Dem Gesetzentwurf müsste auch der Bundesrat zustimmen. Da bislang keine Bemühungen zu erkennen sind, die Länderkammer um Fristverkürzung zu bitten, würde der Bundesrat erst im März – nach der für den 23. Februar geplanten Bundestagswahl – entscheiden. Ob es für das Vorhaben im Bundesrat eine Mehrheit geben wird, ist allerdings fraglich.
Sollte das Gesetz von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden, will die SPD möglicherweise vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Die von der Union angestrebten Verschärfungen der Migrationsregeln müssten in Teilen „absolut verfassungsrechtlich geprüft werden“, sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch der Deutschen Presse-Agentur. „Insofern halten wir uns diesen Weg auf alle Fälle offen.“