Nach Urteil im Untreue-Prozess: Weiter Ermittlungen gegen früheren Gerichtspräsidenten
Im Zuge eines großen Untreue-Prozesses kamen Vorwürfe gegen einen früheren Präsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts ans Licht. Wie ist der Stand?
Auch nach dem Ende eines großen Korruptionsprozesses vor dem Landgericht Gera bleibt die Justiz im Fokus von Ermittlungen. Wegen Vorwürfen gegen den ehemaligen Präsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts, Stefan Kaufmann, werde weiter ermittelt, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Gera der Deutschen Presse-Agentur. Die Vorwürfe seien im Kontext des Korruptionsprozesses aufgetaucht. „Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.“ Wann mit einem Ende der Ermittlungen zu rechnen sei, sei offen.
Zuletzt hatte es von der Staatsanwaltschaft geheißen, die Behörde wolle das Ergebnis des Prozesses abwarten, um die Erkenntnisse daraus in das Ermittlungsverfahren gegen Kaufmann einfließen zu lassen.
Anfang Januar waren ein ehemals leitender Beamter des Oberlandesgerichts sowie zwei Unternehmer unter anderem wegen Untreue, Vorteilsannahme und Beihilfe verurteilt worden. Sie erhielten Bewährungs- oder Geldstrafen. Das Urteil zu der Vergabe von lukrativen Aufträgen des Oberlandesgerichts gegen Privatdarlehen für den einstigen Justizbeamten ist noch nicht rechtskräftig.
Kaufmann schweigt bislang zu Vorwürfen
Der Prozess war eins der komplexesten Untreue-Verfahren in Thüringen in den vergangenen Jahren. Er hatte sich ausführlich um die Zustände innerhalb der Thüringer Justiz in den 2010er Jahren gedreht.
Das Verfahren habe „sehr verstörende Einblicke“ dazu gegeben, wie die Justiz des Landes zwischen 2014 und 2019 aufgestellt gewesen sei, hatte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung gesagt. Während des Prozesses waren mehrfach Vorwürfe aufgetaucht, Kaufmann habe in seiner Funktion als damaliger Gerichtspräsident von den Vorgängen wissen müssen. Kaufmann habe eigentlich eine Kontrollpflicht gegenüber dem verurteilten hohen Justizbeamten gehabt, sei aber in dieser Hinsicht „ein Totalausfall“ gewesen, so der Vorsitzende Richter.
Nach Angaben des Sprechers der Staatsanwaltschaft haben die Strafverfolger Kaufmann die Gelegenheit gegeben, sich zu den Vorwürfen zu äußern. „Allerdings hat er davon keinen Gebrauch gemacht.“ Auch Medienanfragen ließ er bislang unbeantwortet. Der Jurist war von 2006 bis 2018 Präsident des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena.