Kuriose Ereignisse: Himmlische Omen? Diese Sonnenfinsternisse veränderten die Geschichte
Über Tausende Jahre sahen Menschen in Sonnenfinsternissen göttliche Signale. Die Bewegung der Himmelskörper veränderte den Lauf der Geschichte. Hier sieben Beispiele.
Aufgewühlt hat uns Menschen das himmlische Spektakel seit undenklichen Zeiten: Einst unverhofft, heute mit präziser Ansage, schiebt sich der Mond langsam vor die Sonne. Sonnenfinsternisse sind, auch wenn es so scheinen mag, nicht wirklich selten – rund 224 von ihnen gibt es innerhalb von 100 Jahren, 77 von ihnen sind total, bei den übrigen ist nur ein Teil unseres Sterns verdeckt.
Aber – an einem bestimmten Ort kommt eine totale Sonnenfinsternis nur einmal in 375 Jahren vor: Eine „Zone der Totalität“ misst in unseren Breiten nur gut hundert Kilometer. Zum letzten Mal bekamen die Deutschen dieses Phänomen am 11. August 1999 zu sehen. Das Zentrum der Finsternis zog fast mitten über Stuttgart, aber auch im deutlich südlicheren München war die Sonne circa fünf Minuten später für zwei Minuten ganz vom Mond verdeckt. Heute wissen wir präzise, wie Finsternisse funktionieren: Der Mond verdeckt die Sonne, wenn sie sich verfinstert – bei einer Mondfinsternis ist es dagegen der Schatten unsere Erde, der ihren Trabanten einhüllt.
Seit jeher haben die Menschen mit astronomischen Erscheinungen ihr Schicksal verknüpft; wie die Ausrichtung des Alltags am Horoskop ist auch der Glaube an Omen durch vorübergehende Verdunklung naher Himmelskörper rational kaum zu erklären. Und doch gab es Finsternisse, die Weltgeschichte schrieben. Hier sind sechs Sonnenfinsternisse und eine Mondfinsternis, denen das besonders eindrucksvoll gelang:
1. Die Finsternis, die einen Krieg beendete (585 v. Chr.)
Was geschah? Die Lydier und die Meder, zwei Völker Kleinasiens, führten bereits seit sechs Jahren Krieg gegeneinander. Doch als sich während einer Schlacht plötzlich der Himmel verdunkelte, gerieten beide Seiten in Panik. So berichtet es der griechische Geschichtsschreiber Herodot. Tatsächlich ereignete sich am 28. Mai 585 eine totale Finsternis, die der Philosoph Thales von Milet sogar vorausberechnet hatte. Was lässt uns staunen? Die Krieger glaubten, die Götter hätten genug vom Blutvergießen, folgten dem himmlischen Gebot und legten augenblicklich ihre Waffen nieder. Das Ergebnis: Der Krieg wurde abrupt beendet – dank einer zufälligen Sonnenfinsternis, die niemand vorausgesehen hatte – bis auf einen griechischen Denker, der den Befehlshabern unbekannt war. Ein Omen also? Wohl eher ein kosmischer Zufall mit friedensstiftender Wirkung!
2. Wie Christoph Kolumbus mit einer Finsternis die Einheimischen täuschte (1504)
Was geschah? Kolumbus saß mit seiner Crew auf Jamaika fest, er war gestrandet und hatte keinen Proviant mehr. Die Einheimischen versorgten die Seefahrer zunächst mit Nahrung, doch als sie dessen überdrüssig waren, stellten sie die Lieferungen ein. Was lässt uns staunen? Kolumbus kannte die Ephemeriden-Tafeln des deutschen Astronomen Regiomontanus und wusste, dass eine Mondfinsternis bevorstand. Am 29. Februar 1504 stellte sie sich dann vorhersagegemäß auch ein. Also drohte der Expeditionskommandant, dass durch göttlichen Willen der Mond vom Himmel verschwände, wenn die Insulaner dem himmlischen Befehl nicht gehorchten und die Europäer weiter versorgten. Das Ergebnis: Als die Finsternis tatsächlich eintrat, gerieten die Jamaikaner in Panik und versprachen, Kolumbus fortan alles zu geben, was er brauchte – sobald er „den Mond wieder heilte“. Ein klassischer Fall von angewandter Wissenschaft als Werkzeug der Überlistung also.
3. Als Einstein die Sterne verrücken ließ (1919)
Was geschah? Während einer totalen Sonnenfinsternis wollten Wissenschaftler Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie überprüfen – indem sie von Brasilien beobachteten, wie das Licht ferner Sterne durch das Schwerefeld der Sonne abgelenkt wurde. Nach Einsteins Theorie krümmen Massen den Raum, etwa so wie eine Bowlingkugel eine Matratzenoberfläche. Was lässt uns staunen? Zeitungen titelten dramatisch: „Die Gesetze des Universums stehen Kopf!“ Viele Menschen bevorzugten die Idee, die Sterne hätten sich wirklich bewegt. Tatsächlich aber hatte sich Einsteins mathematisch hergeleitete Annahme exakt bestätigt. Das Ergebnis: Einstein wurde über Nacht endgültig weltberühmt, und die Wissenschaft bewies, dass der Raum durch Masse gekrümmt wird – selbst wenn die Öffentlichkeit erst einmal verwirrt war. Bemerkenswert ist zudem, dass die Expedition noch während des Ersten Weltkriegs von britischen Forschern vorbereitet wurde, während ihr Königreich mit Einsteins damaligem Heimatland Deutschland verfeindet war.
4. Die Astronomen, die eine Sonnenfinsternis verpassten – und ihren Kopf verloren (2137 v. Chr.)
Was geschah? Im alten China waren Sonnenfinsternisse von großer Bedeutung, da man glaubte, dass ein Drache die Sonne verschlinge. Dies ließ sich der Überlieferung zufolge nur abwenden, wenn der Kaiser seine Truppen rechtzeitig Pfeile gen Himmel schießen ließ, um die Untiere zu verjagen. Die Astronomen Hsi und Ho waren dem „Buch der Urkunden“ zufolge am Hofe des Kaisers Chung K’ang für die Vorhersage solcher Ereignisse verantwortlich. Doch als eine plötzliche Sonnenfinsternis eintrat, waren die beiden – anstatt den Himmel zu erforschen – offenbar bis zur Besinnungslosigkeit betrunken und hatten das Ereignis nicht vorhergesagt. Was lässt uns staunen? Da die Chinesen vor tausenden Jahren bereits ein grundlegendes Wissen über astronomische Zyklen besaßen, ist es erstaunlich, dass zwei Hofastronomen ausgerechnet bei einem so schicksalhaften Thema versagten. Noch schlimmer für sie: Da die Menschen in Panik gerieten, weil sie sich nicht auf das Ereignis vorbereiten konnten, machte der brüskierte Kaiser kurzen Prozess und ließ beide Forscher hinrichten. Das Ergebnis: Hsi und Ho wurden der Überlieferung zufolge enthauptet, was die erste dokumentierte Bestrafung für einen astronomischen Fehltritt in der Geschichte sein dürfte. Fortan wurde im Reich der Mitte streng darauf geachtet, Finsternisse akkurat vorauszusagen – mit Erfolg, denn chinesische Astronomen waren alsbald führend in der Finsternisberechnung.
5. Die Finsternis, die als böses Omen für den Sonnenkönig galt (1706)
Was geschah? Am 12. Mai 1706 verdunkelte eine totale Sonnenfinsternis den Himmel über Spanien, Frankreich und Deutschland – ein dramatisches Zeichen, das viele Europäer mit dem Schicksal Ludwigs XIV. verknüpften, dessen Symbol die Sonne war. Ludwig stand mitten im Spanischen Erbfolgekrieg, einem zähen Konflikt gegen die Große Allianz (England, den Niederlanden, Österreich und ihren Verbündeten). Was lässt uns staunen? Zeitgenössische Deutungen sahen die Sonnenfinsternis als Symbol für die Schwächung Ludwigs XIV. Nach Jahren der Dominanz begann Frankreichs Macht zu wanken, und Niederlagen – wie die verlorene Schlacht bei Ramillies am 23. Mai 1706 – ließen Zweifel an Ludwigs weiterem Erfolg aufkommen. Die „Verdunkelung des Sonnenkönigs“ passte zu dieser Lesart. Das Ergebnis: Obwohl Ludwig XIV. noch einige Jahre weiter regierte, markierte die Sonnenfinsternis von 1706 für viele eine Wende in seinem Schicksal. Sein Traum, die französische Hegemonie in Europa aufrechtzuerhalten, wurde zunehmend durch militärische und finanzielle Probleme getrübt. Ob Aberglaube oder Zufall – für viele Zeitgenossen war die Finsternis mehr als nur ein Naturereignis, ein Zeichen für den Niedergang des größten Herrschers seiner Epoche.
6. Die Sonnenfinsternis, die einen Sklavenaufstand inspirierte (1831)
Was geschah? Am 12. Februar 1831 ereignete sich eine ringförmige Sonnenfinsternis über den amerikanischen Südstaaten. Nat Turner, ein religiöser Prediger unter den versklavten Afroamerikanern, sah dieses Himmelsereignis als göttliches Zeichen. Er begann, Pläne für eine Rebellion zu schmieden. Was lässt uns staunen? Turner war überzeugt, dass er eine göttliche Mission hatte. Die Sonnenfinsternis verstärkte seine Entschlossenheit, er interpretierte sie wohl als endgültiges Zeichen zum Handeln. Sechs Monate später, im August 1831, führte er dann den berühmten „Nat-Turner-Aufstand“ in Virginia an – eine der größten und letztlich blutig niedergeschlagenen Sklavenrebellionen in der US-Geschichte. Das Ergebnis: Der Aufstand hielt nur wenige Tage an, bevor er grausam unterdrückt wurde. Turner wurde gefangen genommen und hingerichtet, aber sein Tun hatte weitreichende Konsequenzen: Die Südstaaten verschärften ihre Gesetze gegen versklavte Menschen und führten noch härtere Repressionen ein. Gleichzeitig wurde der Aufstand für viele Abolitionisten, die Gegner der Sklaverei, im Norden zu einem Symbol für den Widerstand – und letztlich zu einem Vorboten des Amerikanischen Bürgerkriegs.
7. Die Finsternis, die für Panik vor dem Weltuntergang sorgte (1914)
Was geschah?
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs, am 21. August 1914, verdunkelte eine totale Sonnenfinsternis den Himmel über Teilen Europas, Asiens und Nordamerikas. Der Zeitpunkt fiel mit den ersten Kampfhandlungen zusammen, was die ohnehin angespannte Stimmung zusätzlich auflud. Was lässt uns staunen?
Viele Menschen betrachteten das astronomische Ereignis als Warnung der Vorsehung oder gar als Zeichen für den Weltuntergang. Einige sahen darin eine Bestätigung ihrer schlimmsten Befürchtungen, dass der Krieg in einer Weltkatastrophe totalen und endgültigen Ausmaßes enden würde. Das Ergebnis:
Die Welt ging trotz einer der verheerendsten Auseinandersetzungen der modernen Geschichte nicht unter. Auch wenn es sich um einen Zufall handelte, verstärkte die Sonnenfinsternis die Ängste der Menschen und trug zu einem letztlich völlig berechtigten Gefühl des bevorstehenden Unheils bei.