Bürgerschaft: Fraktionen wählen Vorstände – Paukenschlag bei Grünen
Vor gut drei Wochen haben die Hamburgerinnen und Hamburger eine neue Bürgerschaft gewählt. Am Mittwoch wird sie sich konstituieren. Die Fraktionen bereiten sich schon darauf vor.
Zwei Tage vor der konstituierenden Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft hat sich die Grünen-Fraktion überraschend neu aufgestellt. Zuvor hatten die amtierenden Fraktionsvorsitzenden Jennifer Jasberg und Dominik Lorenzen mit ihrem Rückzug für einen Paukenschlag gesorgt. Bei den anderen Fraktionen liefen die vorbereitenden Sitzungen hingegen nach Plan.
Als neue Fraktionsvorsitzende bei den Grünen werden die Innenexpertin Sina Imhof und der bisherige Parlamentarische Geschäftsführer Michael Gwosdz übernehmen, wie nach der Sitzung am Abend mitgeteilt wurde. Die bisherige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Lena Zagst folgt Gwosdz demnach als Parlamentarische Geschäftsführerin nach.
Alter Vorstand sollte eigentlich noch im Amt bleiben
Ursprünglich war geplant, dass der alte Vorstand auch in der neuen Bürgerschaft zunächst weiter amtiert, bis die sich aus den Koalitionsverhandlungen mit der SPD gegebenenfalls ergebenden Personalfragen geklärt sind.
Auch bei der SPD wird so verfahren: Dort soll der alte Fraktionsvorstand bei der konstituierenden Sitzung der Bürgerschaft am Mittwoch im Amt bestätigt werden, wie ein Sprecher sagte.
Jasberg versteht Wahlergebnis als Signal für Veränderung
Sie wolle ihren Fokus künftig stärker auf ihren Wahlkreis Bergedorf richten – „also auf einen direkten Austausch mit Menschen, statt auf das interne Ringen um Macht“, ließ Jasberg in einer persönlichen Erklärung zu ihrem Verzicht auf eine erneute Kandidatur wissen. Und: „Auch unser Wahlergebnis verstehe ich als Signal, dass es Veränderungen braucht.“ Die Grünen hatten bei der Wahl rund ein Viertel der Stimmen eingebüßt.
Man wolle konkrete Verbesserungen für die Menschen in Hamburg erreichen – „und dabei sowohl in der Regierung als auch gegenüber unserem Koalitionspartner mit klarer Haltung auftreten“, sagte Gwosdz. Seine Co-Vorsitzende Imhof betonte, die Fraktion sei bereit, „mit klarem Gestaltungsanspruch in die neue Legislatur zu starten“.
CDU setzt in der Fraktionsspitze auf Kontinuität
Unterdessen verliefen die vorbereitenden Sitzungen der anderen Fraktion ohne Überraschungen. Die CDU setzte auf Altbewährtes: Zum Fraktionschef wurde erneut der Landesvorsitzende Dennis Thering gewählt. Anke Frieling und Richard Seelmaecker wurden als stellvertretende Vorsitzende bestätigt. Als Parlamentarischer Geschäftsführer macht Dennis Gladiator weiter.
„Ich blicke mit Freude und Zuversicht auf die kommenden Jahre mit diesem starken Team aus 26 erfahrenen und neuen Abgeordneten“, sagte Thering. „Wir nehmen unsere Rolle als Opposition voller Tatendrang an, um Hamburg voranzubringen und den voraussichtlichen Senat aus SPD und Grünen konstruktiv, aber kritisch zu begleiten.“
Die CDU hatte sich bei der Wahl am 2. März deutlich verbessert und die Grünen als zweitstärkste Kraft abgelöst.
Neue Doppelspitze bei den Linken
Die Linken wählten sich mit Heike Sudmann und David Stoop eine neue Doppelspitze. Die 62-jährige bisherige Parlamentarische Geschäftsführerin und der 41 Jahre alte bisherige stellvertretende Fraktionsvorsitzende sind Nachfolger von Sabine Boeddinghaus und Cansu Özdemir. Boeddinghaus war bei der Wahl am 2. März nicht mehr angetreten, Özdemir hatte eine Woche zuvor ein Bundestagsmandat erhalten und sich zum Wechsel nach Berlin entschieden.
Zum neuen Parlamentarischen Geschäftsführer und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden wurde den Angaben zufolge Stephan Jersch gewählt, zur zweiten stellvertretenden Vorsitzenden Xenija Melnik.
Die neue AfD Fraktion wählte erneut Dirk Nockemann zu ihrem Vorsitzenden. Neben ihm bleibt Krzysztof Walczak auch in der neuen Legislatur Parlamentarischer Geschäftsführer – fungiert jetzt aber auch als stellvertretender Fraktionschef, nachdem Alexander Wolf in den Bundestag gewechselt ist. Zum stellvertretenden Parlamentarischen Geschäftsführer wurde Marco Schulz bestimmt.
SPD-Fraktion nominiert Carola Veit als Bürgerschaftspräsidentin
Unterdessen wurde Carola Veit von der neuen SPD-Fraktion erneut als Bürgerschaftspräsidentin nominiert. Als stärkste Fraktion haben die Sozialdemokraten das Vorschlagsrecht. An der Wahl Veits am Mittwoch besteht kein Zweifel. Sie steht bereits seit 2011 dem Bürgerschaftspräsidium vor.
Nach der Bürgerschaftssitzung, aber noch Ende der Woche wollen SPD und Grünen ihre Koalitionsverhandlungen beginnen. Derzeit liefen noch die Vorbereitungen zu den Gesprächen, die im Rathaus stattfinden sollen, hieß es aus dem Kurt-Schumacher-Haus.
Drei Wochen nach der Bürgerschaftswahl hatte sich die SPD erst am Wochenende dazu entschieden, mit dem bisherigen Koalitionspartner erneut über die Bildung eines rot-grünen Senats zu verhandeln. Zuvor war sie auch mit der CDU zu Sondierungsgesprächen zusammengekommen.
Die SPD war aus der Bürgerschaftswahl am 2. März trotz Verlusten erneut als deutlich stärkste Kraft hervorgegangen und kann sich aussuchen, wen sie künftig im Hamburger Rathaus zum Partner machen will. Seit 2015 regiert sie die Stadt zusammen mit den Grünen.