Nach Anschlägen: Erste Veranstalter sagen Volksfeste im Frühling ab
Wie sicher sind unsere Volksfeste? Diese Frage treibt offenbar viele Veranstalter um. Nun ziehen die ersten die Notbremse – aus Angst vor Terror oder zu hohen Kosten.
Magdeburg, Mannheim, München: Drei Anschläge, die zwar völlig unterschiedliche Motive hatten, aber eines gemeinsam: Die Attentäter fuhren mit einem Auto in Menschenmengen, töteten Dutzende. Schon kurz vor dem ersten Vorfall in Magdeburg warnte ein Experte im stern davor, dass die meisten Weihnachtsmärkte nicht gut genug vor solchen „Überfahrtaten“ geschützt seien. Eine Mahnung, die sich viel zu schnell bewahrheiten sollte. Zu Beginn der Frühlingssaison nun der Schock: In mehreren Städten sagen Veranstalter ihre Volks- und Straßenfeste ab.
Aus Terrorangst und wegen hohen Auflagen: Erste Veranstalter sagen Volksfeste ab
Wie mehrere regionale Tageszeitungen wie die Berliner Zeitung und die „Bild“ berichten, fallen etwa Feste wie die Frühjahrskirmes in Lage (NRW), das Kirschblütenfest in Marburg oder „Wismar blüht auf“ in diesem Jahr aus. Auch das „Pfingstochsenfest“ in Elmshorn und das „Bölschefest“ in Berlin-Friedrichshagen sind gestrichen worden. Allerdings aus unterschiedlichen Gründen. „Ich kann nicht die Verantwortung dafür übernehmen, wenn wirklich ein Verrückter mit dem Auto Leute umnieten würde“, so Günter Fiebig, Veranstalter des Bürgersteigflohmarkts im bayrischen Schongau gegenüber „Bild“.
Während manche Veranstalter Angst vor einem Anschlag haben, weil die Veranstaltungen womöglich zu wenig geschützt sind, verzweifeln andere praktisch am Gegenteil: Nach den Attentaten in Magdeburg, Mannheim und München haben viele Städte und Kommunen reagiert und nun deutlich strengere Auflagen für den Schutz solcher Großveranstaltungen erlassen. Laut „Bild“ fehlten in Lage beispielsweise 30 Lkw zur Absicherung des Geländes. Für die Veranstalter ein großer Mehraufwand, der dementsprechend auch viel kostet.
Bereits in der vergangenen Woche warnte Michael Roden, Vorsitzender des Schaustellerverbandes Berlin, vor explodierenden Preisen auf Volksfesten – und somit auch weniger Umsatz für die Schausteller. Er sieht ihre Lebensgrundlage gefährdet: „Unsere Veranstaltungen müssen stattfinden, wir leben davon. Natürlich müssen wir darüber sprechen, was umsetzbar ist – aber wenn die Karussell-Fahrt dann zehn Euro und die Bratwurst 15 Euro kosten müssen, gefährdet dies Arbeitsplätze und unsere Familien“, so Roden. Ohnehin sei die Sicherheit staatliche Aufgabe.
Berlin plant neues „Veranstaltungssicherheitsgesetz“
Eine aus seiner Sicht nachvollziehbare Einstellung, allerdings sind es schon seit Jahren die Veranstalter, die für die Sicherheitskonzepte von großen Events verantwortlich sind. Proteste gegen diese Verantwortung waren in der Vergangenheit selten zu hören.
Besonders in Berlin könnte sich dies nun aber ändern. Wie Innensenatorin Iris Spranger vergangene Woche mitteilte, plant die Hauptstadt ein sogenanntes „Veranstaltungssicherheitsgesetz“, das klare Vorgaben für die Sicherheitskonzepte stellt und die Events so besser schützen soll.
Denn bislang waren es keine Sachverständigen, die die Sicherheitskonzepte von Veranstaltungen entworfen und geprüft haben, sondern die Veranstalter in Zusammenarbeit mit der Polizei und dem Ordnungsamt. Wohl auch deshalb war es dem Attentäter von Magdeburg möglich, über eine nicht ausreichend geschützte Straße auf den Weihnachtsmarkt einzubiegen und so in die Menschenmasse zu fahren.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßt derweil den Berliner Vorstoß, die Sicherheitskonzepte gesetzlich verbindlich zu regeln. Landeschef Stephan Weh erklärte gegenüber Bild: „Dieses Gesetz würde zahlreiche Lücken schließen und uns besser gegen sogenannte Überfahrtaten wappnen.“
Laut Berliner Senat soll das Gesetz noch in dieser Legislatur verabschiedet werden, wann genau ist nicht bekannt, ebenso, wer die zukünftig höheren Kosten übernehmen soll.