Landesgartenschau Oberhessen: Ein „Juwel“ drängt es auf die Landesgartenschau-Bühne
Das ist ein Novum in Hessen: Gleich elf Kommunen werden die nächste Landesgartenschau ausrichten. Die strukturschwache Region erhofft sich Aufmerksamkeit und Impulse für Oberhessen.
Die Macher der nächsten hessischen Landesgartenschau setzen große Hoffnung auf das in zwei Jahren anstehende Großereignis. Es bestehe die Chance, die gastgebende Region Oberhessen „auf ein neues Level zu heben“, sagte LGS-Geschäftsführer Florian Herrmann der Deutschen Presse-Agentur. „Nur gemeinsam als Region können die Herausforderungen der Zukunft gemeistert werden und Oberhessen langfristig auf der Landkarte in Rhein-Main auftauchen.“
Die Landesgartenschau Oberhessen vom 22. April bis 3. Oktober 2027 stellt eine Besonderheit dar, weil sich gleich elf Kommunen daran beteiligen werden: Büdingen, Echzell, Gedern, Glauburg, Hirzenhain, Kefenrod, Limeshain, Nidda, Ortenberg, Ranstadt und Schotten (alle in den Landkreisen Wetterau und Vogelsberg). Für diese Schau will das Land 4,5 Millionen Euro zur Verfügung stellen.
Lob von der Landesregierung
„Das ist ein Vorbild für interkommunale Zusammenarbeit“, lobte der hessische Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU) am Mittwoch beim symbolischen Spatenstich im Kurpark Bad Salzhausen. Die strukturschwache Region erhofft sich von der LGS Impulse für Tourismus, Infrastruktur und Wirtschaft.
„Wir sind ein noch unentdecktes Juwel“, sagte Henrike Strauch (SPD), Bürgermeisterin der Gemeinde Glauburg und Vorsitzende des Vereins Oberhessen, der sich für die Entwicklung der Region einsetzt. Sie betonte zudem, dass die LGS nicht nur ein Festival für Blumenfreunde werden soll, sondern sich auch um die Themen Klimaschutz und nachhaltiger Gartenbau kümmern will.
Orte sollen aus „Dornröschenschlaf“ geweckt werden
Die Macher der LGS hoffen, dass das Ereignis ein „Turbo für die Entwicklung unserer Region sein wird“, erklärte LGS-Geschäftsführer Herrmann weiter. Die Projekte seien alle nachhaltig ausgelegt, um auch nach 2027 weiterzuwirken. „Authentisch können wir in allen elf Kommunen Orte weiterentwickeln, die bisher noch im Dornröschenschlaf liegen“, sagte er. Die Region erhalte ein Gesicht als touristischer Zielmarkt und attraktiver Wohnstandort in der Metropolregion Frankfurt.
„In wenigen Jahren kann das erreicht werden, für das sonst Jahrzehnte notwendig gewesen wären“, sagte Herrmann. Allerdings gelinge dies nur dann, wenn die politischen Entscheider in den Kommunen den notwendigen Mut aufbrächten, diese Entwicklungen auch in finanziell schwierigen Zeiten konsequent mitzutragen.
Heimat wird „herausgeputzt“
Die Vorbereitungen laufen nach Angaben der LGS-Geschäftsführung gut. In vielen Kommunen und auch in großen Teilen der Bevölkerung sei eine hohe Bereitschaft zu erkennen, mitzuwirken und ihre Heimat für die Besucher in zwei Jahren „herauszuputzen“. Hermann räumte ein, dass der Planungs- und Koordinierungsaufwand deutlich höher sei als bei einer herkömmlichen Landesgartenschau, die in einer einzigen Stadt stattfindet.
Die Macher wollen dem Publikum laut Herrmann auch ohne zentralen Anlaufpunkt ein „funktionierendes Besuchserlebnis“ verschaffen, in das auch die kleinen Kommunen und deren Angebote eingebunden sind. So soll es unter dem Stichwort „Entdeckerregion Oberhessen“ Routenangebote geben, die die Besucher zu sehenswerten Orten lenke. Das könne beispielsweise eine themenbezogene „Vulkan“-Route sein.
Kein zentraler Anlaufpunkt für Besucher
Die Besucher der nächsten LGS werden sich von der Gewohnheit verabschieden müssen, alle Sehenswürdigkeit mehr oder weniger kompakt präsentiert zu bekommen, da die einzelnen Kommunen teils recht weit auseinanderliegen. Um die Besucher von Ort zu Ort zu bringen, wollen die Gartenschaumacher weitestmöglich auf bestehende Nahverkehrsangebote mit Bus und Bahn sowie auf die vorhandenen Radwege setzen. Aber auch ein gezielter Shuttleverkehr zwischen den Hauptorten oder zu Veranstaltungsspitzen sei denkbar, sagte Herrmann.
Experte: Nutzen von Gartenschauen wird oft unterschätzt
Gartenschau-Experte Hanspeter Faas, der sich seit Jahrzehnten mit der Planung und Organisation solcher Schauen in Deutschland befasst, findet das Konzept spannend und stimmig. Der langfristige Nutzen der Gartenschauen werde oft unterschätzt, sagt Faas, der seit Jahresbeginn die Projektabteilung der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft leitet. Keinesfalls seien die Millionen-Investitionen „weggeworfenes Geld“.
Deutschlandweit erstmals hatte ein gutes Dutzend Kommunen im Remstal in Baden-Württemberg 2019 eine interkommunale Landesgartenschau ausgerichtet – mit großem Erfolg, wie Faas berichtet. Als größten Gewinn sieht er, dass die Menschen der Region zusammengefunden hätten. Wenn dies in Oberhessen ebenfalls gelinge, werde die Region profitieren.
Unterschiedliche Interessen unter einen Hut bringen
Dafür sei wichtig, bei der Planung gemeinsame Ziele und Stärken zu definieren und genau hinzuschauen, was vielleicht noch nicht so gut funktioniere. Es gehe auch darum, Wege zu finden, unterschiedliche Interessen unter einen Hut zu bringen, um zu vermeiden, dass sich einzelne teilnehmende Kommunen vielleicht auf Kosten anderer profilieren wollen.
Notwendig dafür sei eine gute Kommunikation und der Vorsatz, auch etwas weniger im Blickpunkt stehende Orte „mitzunehmen“. Um die teilnehmenden Orte zu verknüpfen und den Erlebniswert für die Besucher zu stärken, sollten die Kommunen ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm auf die Beine stellen und geeignete Mobilitätskonzepte entwickeln, rät der Experte.
Von Rückschlägen nicht entmutigen lassen
Ursprünglich hatte ein „Zukunftspark“ in Echzell in der Wetterau eine zentrale Anlaufstelle der Landesgartenschau werden sollen – doch ein Bürgerentscheid bremste das Projekt im vergangenen September aus. Von solchen Rückschlägen sollten sich die Planer nicht entmutigen lassen, sagt Faas. Wenn es nach jahrelangen Vorbereitungen schließlich losgehe, sei den meisten Besuchern gar nicht mehr bewusst, was vielleicht einmal geplant war und im Laufe der Zeit verworfen werden musste.