Bildung: Weniger Smartphone-Nutzung an Schulen? Das muss man wissen
Auch Erwachsene kennen das Problem: Liegt das Handy in der Nähe, schaut man ständig drauf. An den Schulen im Südwesten will die Kultusministerin deswegen strenge Regeln einführen.
Mal kurz in der Pause durch Tiktok scrollen, ein Video anschauen oder unter dem Tisch im Klassenzimmer die neuesten Nachrichten lesen – wenn es nach Kultusministerin Theresa Schopper geht, soll damit an den Schulen im Südwesten künftig einheitlich Schluss sein.
Die Grünen-Politikerin will die private Nutzung von Smartphones einschränken. Was ist genau geplant und was muss man dazu wissen? Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was soll sich jetzt ändern und wie schnell soll die Änderung kommen?
Das Kultusministerin plant eine Änderung des Schulgesetzes, mit der die Schulen im Land verpflichtet werden sollen, sich eigene Regeln im Umgang mit Smartphones zu geben. Wie genau die Regeln aussehen sollen, sagte die Ministerin nicht. Details müssten nun erarbeitet werden, teilte ein Sprecher mit. Die Regeln müssten aber die Altersangemessenheit berücksichtigen – etwa an beruflichen Schulen, wo Erwachsene unterrichtet würden.
Die Neuregelung will Schopper relativ schnell umsetzen und noch in eine ohnehin geplante Änderung des Schulgesetzes einbauen, sagte ein Sprecher. Das solle noch vor der Sommerpause passieren.
Warum sind Handys in Schulen für viele ein Problem?
Aus Sicht der Kultusministerin haben Smartphones an Schulen viele negative Folgen für Kinder und Jugendliche. Diese seien inzwischen ausreichend belegt, so Schopper. Als Beispiele nannte sie Folgen für die Konzentrationsfähigkeit, das Lernvermögen und die mentale Gesundheit. Auch könnten Smartphones zu Cybermobbing oder emotionaler Vereinsamung führen. „Es ist Zeit, zu handeln“, sagte die Ministerin. Studien zeigen, dass die bloße Anwesenheit von Smartphones ablenken und die kognitive Leistungsfähigkeit einschränken kann.
Warum sind Handys in Schulen überhaupt wichtig?
Da gibt es verschiedene Gründe. Aus Sicht der Schülerinnen und Schüler wäre es vor allem im ländlichen Raum ein Problem, wenn sie keine Handys mehr mit in die Schule bringen dürften. „Was passiert dann, wenn etwa der Bus ausfällt?“, sagte Joshua Meisel, Vorsitzender des Landesschülerbeirats. Für viele Schüler biete ein Smartphone ein gewisses Sicherheitselement. „Dann kann ich mich bei meinen Eltern oder anderen Verwandten melden.“
Aber auch im Unterricht werden Smartphones immer wieder genutzt, etwa für eine Internetrecherche. Diese Nutzung unter Anleitung der Lehrkräfte muss möglich bleiben, findet Kultusministerin Schopper. Medienbildung und die sinnvolle Nutzung von Endgeräten im Unterricht seien in einer zunehmend digitalisierten Welt unerlässlich.
Ende Januar beschloss der Landtag die Einführung eines neuen Schulfachs an den Gymnasien, in dem Schülerinnen und Schüler Kompetenzen im Bereich Informatik, Künstliche Intelligenz und Medienbildung erlernen sollen und das von Klasse 5 bis Klasse 11 durchgehend unterrichtet werden soll.
Wie ist die Regelung bisher?
Bislang können sich die Schulen eigene Regeln zum Umgang mit Smartphones geben. Das können sie über die sogenannte Schulordnung machen – und nach Einschätzung der Bildungsgewerkschaft GEW tun das viele Schulen bereits. „Ich war bislang in keiner Schule, die bei dem Thema noch keine klaren Regeln formuliert hat“, sagte GEW-Landeschefin Monika Stein der dpa. Halten sich Schülerinnen und Schüler nicht an die Regeln, kann das Gerät eingezogen werden – es muss aber nach dem Unterricht wieder zurückgegeben werden.
Das Robert-Mayer-Gymnasium (RMG) in Heilbronn vertraut etwa schon seit vielen Jahren auf ein Handyverbot in den Klassen fünf bis zehn. Erlaubt sind die Geräte nur, wenn sie sinnvoll im Unterricht genutzt werden. „Wir sind komplett mit schuleigenen Tablets ausgestattet, da brauchen wir Handys eigentlich gar nicht“, sagte Schulleiterin Antje Kerdels. Bei Klassenarbeiten müssen die Geräte vorher abgegeben werden. Werde gegen die Regeln massiv verstoßen, werde ein Handy eingezogen und erst nach dem Schultag zurückgegeben.
Wie ist die Lage in anderen Bundesländern?
Da Bildung in Deutschland Ländersache ist, sind die Regelungen nicht einheitlich. In Schleswig-Holstein ist die private Nutzung an Grundschulen weitgehend verboten. „In den Pausen dürfen digitale Endgeräte nur bei besonderen Anlässen benutzt werden, wenn Lehrkräfte dies ausdrücklich erlauben“, heißt es in einem Erlass des Bildungsministeriums. Das könne bei Änderungen im Stundenplan oder vergessenem Material und Essen der Fall sein. Ungefragt dürfe das Handy bei Notfällen benutzt werden.
Hessens Kultusminister Armin Schwarz (CDU) hatte im Dezember einen Vorstoß bei dem Thema gemacht und eindeutige Vorgaben in den Ländern oder sogar bundesweit gefordert. Wichtig seien definierte Schutzzonen ohne Smartphones und Klarheit für die Schulgemeinden, hatte er gesagt und angekündigt, dass die Nutzung von Smartphones bei der nächsten Bildungsministerkonferenz, die an diesem Donnerstag und Freitag in Berlin stattfindet, wieder Thema sein werde.
Auf der offiziellen Tagesordnung steht das Thema nach dpa-Informationen nicht. Es wird aber am Rande des Ministertreffens zur Sprache kommen, wie eine Sprecherin von KMK-Präsidentin Simone Oldenburg (Linke), Bildungsministerin von Mecklenburg-Vorpommern, bestätigte. Demnach soll es einen Austausch darüber beim traditionellen Kamingespräch vor der Konferenz geben. Es gehe dabei um die Handynutzung in der Schule, nicht um ein Handyverbot.
Wie gehen andere Länder mit Smartphones an den Schulen um?
In anderen europäischen Ländern sind Verbote bereits Alltag. In Italien, Dänemark, Österreich, den Niederlanden, Griechenland, Frankreich und Großbritannien sind Handys – mit unterschiedlichen Regelungen – bereits weitgehend aus dem Schulalltag verbannt oder entsprechende Regelungen unmittelbar vor der Umsetzung.