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Corona und Schule: „Jugend kann man nicht auf Knopfdruck nachholen“

Sie haben als Jugendliche Verantwortung übernommen. Die Erfahrungen als Landesschülersprecher während der Corona-Pandemie prägen Colin Haubrich und Pascal Groothuis bis heute.

Den Hassnachrichten der Erwachsenen begegnen sie mit Humor, Ironie und auch Kontra. Von ihren Erfahrungen während der Corona-Pandemie profitieren Colin Haubrich und Pascal Groothuis noch heute. Im Alter von 15 und 16 Jahre wurden sie Landesschülersprecher in Rheinland-Pfalz und damit die wichtigsten Stimmen von Hunderttausenden Kindern und Jugendlichen. „Wir sind im Amt erwachsen geworden.“ 

Als das unbekannte Virus vor fünf Jahren die Welt veränderte, waren auch für die Schulen die Maßnahme mit Maskenzwang und Schließungen gravierend. „Zuerst herrschte aber fast eine Corona-Euphorie, weil Klassenarbeiten verschoben wurden und wir zu Hause sein konnten“, berichtet der mittlerweile 21-jährige Groothuis rückblickend. „Wir dachten: Klasse, jetzt ist eine Woche frei.“ 

„Aber irgendwann nach drei, vier Monaten, als es keine Klassenfahrten mehr gab, keine Geburtstage mehr gefeiert werden konnten und alles nur noch digital am Bildschirm stattfand, hat sich die Stimmung gedreht. Das macht was mit dir.“ Und der Jugendliche wurde, bestärkt von seinen Lehrern auf einer Realschule Plus in Neuwied, aktiv. 

Auch Haubrich, der in der Zeit auf einem Gymnasium in Betzdorf war, wollte nicht tatenlos zusehen, wie sich die Welt um ihn herum veränderte: „Ich hatte das Gefühl, dass viel über die Schulen gesprochen wird, aber nicht mit den Schülerinnen und Schüler. Ich wollte etwas verändern.“

Lernen mussten die beiden, die sich vor ihrer Wahl nicht kannten und erst digital begegneten, schnell: bei der Durchschlagskraft und der Reichweite ihrer politischen Forderungen und auch bei den regelmäßigen Treffen mit den Entscheidungsträgern der Landesregierung. 

„Wir haben uns als LSV ganz klar für eine Impfpflicht ausgesprochen. Weil ich meine private Handynummer unter die Pressemitteilungen geschrieben habe, bin ich mal von einer Mutter angerufen worden, ob ich ihr Kind umbringen will“, berichtet der heute 20-jährige Haubrich. Auch Groothuis, der dreimal in das Amt als Sprecher der Landesschüler- und Landesschülerinnenvertretung (LSV) gewählt wurde, erzählt von Hassnachrichten und sogar Morddrohungen.

„Wir haben die Facebook-Einträge dann ausgedruckt und im Büro aufgehängt. Ohne Humor wäre es nicht gegangen“, erklärt er bei der Erinnerung noch immer kopfschüttelnd. „Ich habe bei solchen Kommentaren auf Facebook auch mal kontra gegeben und dagegengehalten“, sagt Haubrich. „Beim Blick auf die vielen Anfeindungen und Attacken auf Amtsträger heute muss ich aber im Nachhinein auch sagen: Wir haben Glück gehabt.“

Kritische Nachfragen habe es natürlich auch von Schülern gegeben, Hassnachrichten aber nur von Erwachsenen, betonen die beiden jungen Männer, die mittlerweile in Trier und Marburg Politik für das Lehramt und im Bachelorstudiengang studieren. „Wenn Jugendliche in ihrer Freizeit Verantwortung übernehmen und dann von Erwachsenen so angegriffen werden, das ist schon absurd.“

Einen Intensivkurs in Landespolitik erhielten die Landesschülersprecher auch bei ihren regelmäßigen Treffen mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Bildungsministerin Stefanie Hubig (beide SPD) und Vertretern der Landtagsfraktionen. „In der Hochphase der Pandemie bin ich vier-, fünfmal in der Woche nach der Schule nach Mainz gefahren“, berichtet Groothuis.

In dieser Zeit sei der Austausch zwischen der Politik und den Schülern auf Augenhöhe und wahrscheinlich so stark wie noch nie gewesen. Mit den zunehmenden hartnäckigen Forderungen des LSV habe sich das Verhältnis gerade zur Bildungsministerin – trotz gelegentlicher Streits – auf eine gute professionelle Ebene entwickelt. „Nur bei den Treffen in den Fraktionen hatten wir manchmal das Gefühl, denen geht es nur um ein Foto mit uns.“

„Das war eine ganz wilde Zeit und gerade am Anfang echt hart. Aber ich profitiere bis heute davon – in meinem Auftreten, von den Leuten, mit denen ich zu tun hatte, den ganzen Erfahrungen“, betont Haubrich, der im Frühjahr bei der SPD-Landessfraktion als Werkstudent arbeiten wird. 

Ähnlich selbstbewusst schaut Groothuis, der Lehrer werden will, auf seine Zeit als Landesschülersprecher zurück: „Die Coronazeit war meine Jugend. Das war so eine spannende Zeit, die ich nicht missen möchte. Corona hat mich politisiert.“ 

Eine starke Stimme und ein deutliches Anliegen haben die beiden ehemaligen Landesschülersprecher weiterhin: Eine Aufarbeitung der Pandemie für die Schulen. Nach Corona habe bald der Ukrainekrieg begonnen und es weitere Krisen in der Welt gegeben. „Wir haben eine Vergessenspolitik. Corona hat sehr vielen jungen Menschen die Jugend gestohlen. Die kann man nicht auf Knopfdruck nachholen.“