Vor 50 Jahren starb Aristoteles Onassis: Schiffe, Frauen und das große Geld
Am 15. März jährt sich der Tod von Aristoteles Onassis zum 50. Mal. Der Reeder war einst der reichste – und begehrteste – Mensch der Welt.
Wäre Hollywood auf die Idee gekommen, eine Figur wie Aristoteles Onassis (1906-1975) zu erfinden, hätte jeder Produzent das Drehbuch als zu unglaubwürdig abgelehnt. Und doch war dieser Mann real – ein Geschäftsmann, dem ein Clou nach dem anderen gelang und dem die Frauen reihenweise verfielen. Vor 50 Jahren starb der Reeder in Paris.
Man kann Onassis als den ersten echten Supermilliardär bezeichnen, lange bevor Tech-Giganten wie Elon Musk oder Jeff Bezos die Bühne betraten. Seine Biografie liest sich wie ein Roman: Am 15. Januar 1906 in der damals noch griechischen Stadt Smyrna (heute Izmir) geboren, floh er 1922 mit 16 Jahren vor dem griechisch-türkischen Krieg. „Ich hatte nur 60 Dollar“, erinnerte er sich später wiederholt an seine Ankunft in Argentinien.
Der griechische Phönix
Doch dabei sollte es nicht bleiben, denn Onassis‘ außergewöhnlicher Geschäftssinn zeigte sich früh und schon kurze Zeit später hatte er diese 60 Dollar vervielfacht. In Buenos Aires begann er als Tellerwäscher, wurde Telefonist – und verdiente schließlich mit dem Import von griechischem Tabak seine ersten 100.000 Dollar. Als die Weltwirtschaftskrise 1929 ausbrach, sah Onassis darin keine Katastrophe, sondern eine Chance. Er kaufte zu Niedrigpreisen Frachtschiffe einer insolventen Reederei – der Beginn seines Schifffahrtsimperiums.
Während Europa nach dem Zweiten Weltkrieg in Trümmern lag, erkannte Onassis als einer der Ersten das Potenzial des deutschen Schiffbaus. Als die hiesige Schiffbauindustrie am Boden war, beauftragte der Reeder die Werften in Hamburg, Kiel und Bremen mit dem Bau von Supertankern. Er umging das alliierte Schiffbauverbot durch einen genialen Schachzug: Er ließ bei der Kieler Howaldtswerke bestehende Schiffe „umbauen“ statt neue zu bauen. Seine erste Ehe mit Tina Livanos (1922-1974), der Tochter einer mächtigen griechischen Reederfamilie, festigte seinen Stand in der Branche.
Wichtiger Faktor für das deutsche Wirtschaftswunder
Bei den Howaldtswerken in Hamburg lief 1953 der damals größte Tanker der Welt vom Stapel: die „Tina Onassis“, benannt nach ebendieser ersten Ehefrau. Über 80.000 Zuschauer wohnten damals weit mehr als einem industriellen Ereignis bei – es war ein symbolischer Akt der Wiedergeburt für die deutsche Industrie. „Man war aus der Dunkelheit wieder ins Licht getreten“, erklärte Gerrit Menzel, Historiker im Internationalen Maritimen Museum Hamburg, dem NDR dazu. Damit spielte „Ari“ Onassis für den deutschen Wirtschaftsaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg eine entscheidende Rolle.
Mitte der 1950er-Jahre hing mehr als die Hälfte der deutschen Schiffsproduktion von Onassis‘ Aufträgen ab. Insgesamt 18 Tanker ließ er in Deutschland bauen und erschuf damit eine der größten Tankerflotten der Welt. Exklusive Verträge über die Öl-Transporte Saudi-Arabiens brachten ihm den Beinamen „Tankerkönig“ ein.
Seine Geschäftstaktiken waren allerdings nicht unumstritten. Seine Walfangflotte ignorierte internationale Abkommen und jagte skrupellos bedrohte Arten. Seine Geschäfte mit Saudi-Arabien waren von Bestechung durchsetzt, wie später aufgedeckt wurde. Und seine Arbeiter – oft deutsche Seeleute – schufteten angeblich unter harten Bedingungen für seinen Reichtum. Man kann Onassis nicht mit heutigen moralischen Maßstäben messen, aber selbst für damalige Verhältnisse bewegte er sich offenbar oft in ethischen Grauzonen.
Luxusjacht als schwimmender Palast
Was die Öffentlichkeit wahrnahm, war hingegen Ari Onassis‘ ausschweifendes Jetset-Leben. Das Symbol für seinen Reichtum und Lebensstil war seine Luxusjacht „Christina“ – benannt nach seiner Tochter -, die ebenfalls in Deutschland umgebaut wurde. Ein Hamburger Architekt hatte die ehemalige kanadische Fregatte in ein Meisterwerk der nautischen Extravaganz verwandelt, mit Marmorbädern, Bartresen aus jahrhundertealtem Schiffsholz und einem Mosaikschwimmbad, dessen Boden sich heben ließ, um nachts zur Tanzfläche zu werden.
Die „Christina“ wurde zum Treffpunkt der internationalen High Society. Winston Churchill, Marilyn Monroe, Frank Sinatra und zahlreiche andere Prominente waren hier zu Gast. Von seiner schwimmenden Residenz aus lenkte Onassis sein Weltimperium, das neben der Schifffahrt auch Fluglinien, Banken und Immobilien umfasste. Sie war zugleich sein Büro und sein Theater, sein Zuhause und sein Statussymbol.
Der Milliardär und die Frauen
Diese Jacht war es auch, auf der es zwischen ihm und Maria Callas (1923-1977) gefunkt haben muss. Als die Sängerin 1959 an Bord kam, zerbrachen kurz darauf zwei Ehen: ihre mit Giovanni Meneghini und seine mit Tina Onassis, mit der er zwei Kinder bekam. Die Operndiva und der Tycoon – zwei Griechen, die die Welt erobert hatten – fanden ineinander den perfekten Partner. Ihre stürmische Beziehung elektrisierte die Weltpresse. Noch mehr Aufruhr gab es nur, als der Milliardär 1968 überraschend eben nicht Callas, sondern Jacqueline Kennedy (1929-1994), die Witwe des ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy, zu seiner zweiten Ehefrau nahm.
„Jacqueline war eine Ikone, eine Heilige. Und dass sie einen Ausländer heiraten sollte, hat die Amerikaner über alle Maßen schockiert“, so der Journalist und Onassis-Experte Jim Hougan gegenüber dem NDR. Für den Schwerreichen war die Heirat mit Jackie Kennedy wohl seine ultimative Machtdemonstration. In gewisser Weise sagte Onassis damit der Welt: „Seht her, selbst die amerikanische Königin kann ich gewinnen.“ Für Jackie bedeutete die Verbindung finanzielle Sicherheit in einer Zeit, in der sie um ihre Privatsphäre und die Sicherheit ihrer Kinder fürchtete. Für Onassis war es zweifellos auch eine Frage des Status.
Der tragische Abstieg
Der Wendepunkt in Onassis‘ Leben kam 1973, als sein Sohn Alexander bei einem Flugzeugabsturz mit nur 24 Jahren ums Leben kam. „Seitdem war er ein anderer Mensch“, berichteten Zeitzeugen gemäß dem „stern“. Der Tod seines Erstgeborenen stürzte den Milliardär in eine tiefe Depression.
Ein Jahr später erkrankte Onassis an Myasthenia gravis, einer seltenen Muskelerkrankung. Er starb am 15. März 1975 in einem Krankenhaus in Paris, während die Scheidung von Kennedy noch lief. Die Ehe soll er zu Lebzeiten als den „größten Fehler seines Lebens“ bezeichnet haben. Seine viel zitierten Worte „Ich war nur ein griechisches Kind, das Rechnen gelernt hatte“, und „Ein reicher Mann ist oft nur ein armer Mann mit sehr viel Geld“, verraten hingegen viel über sein Selbstverständnis.
Mit seinem Tod zerfiel sein Imperium schrittweise. Auch in der Familie hatte es weitere Tragödien gegeben: 1974 beging Onassis‘ erste Ehefrau Suizid, 1988 starb seine Tochter Christina mit 37 Jahren unter mysteriösen Umständen, offenbar hatte sie einen Herzinfarkt infolge eines akuten Lungenödems. Aristoteles Onassis‘ Enkelin Athina (40) ist das letzte verbliebene Familienmitglied.
Von seinem einst gigantischen Vermögen sind die Alexander-Onassis-Stiftung in Athen geblieben, benannt nach seinem Sohn, und ein Herzkrankenhaus. „Wer behauptet, mit Geld sei alles möglich, der beweist nur, dass er nie welches gehabt hat!“, soll Onassis noch kurz vor seinem Tod gesagt haben.
Aktuell im Kino zu sehen
Aktuell ist die Figur Aristoteles Onassis auch abseits des Jahrestags seines Todes wieder mehr ins öffentliche Bewusstsein gerückt: In dem von Pablo Larraín inszenierten Film „Maria“ mit Angelina Jolie in der Hauptrolle als Maria Callas spielt er eine zentrale Rolle. Der Streifen, der seit Februar in den deutschen Kinos läuft, beleuchtet die letzten Tage der großen Operndiva, deren Herz Onassis einst brach. Der Film zeichnet ihn als charismatischen Casanova, der Callas zugunsten von Jackie Kennedy verließ und damit maßgeblich zu ihrem tragischen Abstieg beitrug. Aristoteles Onassis‘ Lebens- und Liebesgeschichte bleibt also auch 50 Jahre nach seinem Tod aktuell.