Holocaust-Überlebende: „Gegen das Vergessen“ – Zeitzeugin Eva Szepesi geehrt
Für ihr unermüdliches Engagement wird die Holocaust-Überlebende Eva Szepesi von der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt geehrt. In ihrer Dankesrede findet die 92-Jährige eindringliche Worte.
Als Zwölfjährige kommt Eva Szepesi nach Auschwitz. 50 Jahre später beginnt sie ihre Geschichte zu erzählen. Bei Veranstaltungen, in Büchern, immer wieder vor Schulklassen und später sogar im Deutschen Bundestag. Jetzt hat die 92-Jährige für ihr unermüdliches Engagement als Zeitzeugin sowie für ihren langjährigen Einsatz für das jüdische Leben in der Stadt das Ehrensiegel in Silber der Jüdischen Gemeinde Frankfurt erhalten.
„Ich fragte mich oft, warum habe nur ich von meiner Familie überlebt?“, erklärt Szepesi in ihrer bewegenden Dankesrede. Es sei ihre Lebensaufgabe geworden, für die zu sprechen, die nicht mehr sprechen könnten.
Nötiger denn je, gegen Judenhass aufzustehen
„Nach dem 7. Oktober, dem Angriff der Hamas auf Israel und dem darauffolgenden Judenhass auf der ganzen Welt, zweifelte ich erstmal daran, weiter aufzuklären“, betont sie. Inzwischen bekomme sie oft Polizeischutz bei Veranstaltungen. Doch das Ehrensiegel bestärke sie weiterzumachen. „Denn es ist heute nötiger denn je gegen den Judenhass und dem großen Schweigen um uns herum, aufzustehen.“
Szepesi wurde in Budapest geboren und 1944 nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Bei Eiseskälte sei sie in einem Waggon an der Rampe des Vernichtungslagers angekommen. Als ihre Zöpfe abgeschnitten wurden, war es, „als ob man mir den letzten Schutz genommen hätte“, sagte sie mal.
„Wir hatten Angst, hier im Land der Täter“
In den 1950er-Jahren zieht sie mit ihrem Mann nach Frankfurt. „Die meisten Menschen in unserem Umfeld, wussten nicht, dass wir Juden waren. Wir hatten Angst, hier im Land der Täter.“
Nach langem Zögern habe sie 1995 eine Einladung der Jüdischen Gemeinde angenommen und sei zur Gedenkfeier zur 50-jährigen Befreiung von Auschwitz gefahren. Auf dieser Reise, in einem Hotel in Krakau, habe sie angefangen, vor Jugendlichen zu sprechen. Das sei der Anfang eines langen Weges gewesen, „bis hin zu meiner heutigen Auszeichnung“.
In ihrer Rede bedankt sich Szepesi bei ihrer Familie, den Enkeln und Urenkeln. Und vor allem bei ihren Töchtern („Ich weiß, wie schwer ihr es als zweite Generation habt“) sowie bei ihren Eltern, die ihr gelehrt hätten, nicht zu hassen.
„Eva Szepesi ist ein Vorbild für uns alle“
Die Laudatio auf Szepesi hielt Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD), der ihre Selbstlosigkeit und Nachsicht, ihren Mut und ihre Kraft hervorhob. „Menschen wie Eva Szepesi und ihre Geschichte sind uns Mahnung und Aufforderung zugleich.“ Alle seien gefragt, sich aktiv und lautstark gegen Hass und Hetze, gegen Menschenverachtung zu wehren. „Ich verneige mich als Oberbürgermeister und als Mensch vor Ihnen“, sagt Josef. „Bleiben Sie eine starke Stimme.“ Das sei nötiger denn je.
Szepesi trage entscheidend zu einem stärkeren Geschichtsbewusstsein und einer höheren Sensibilisierung für Diskriminierung und Antisemitismus bei, hatte der Gemeindevorstand bereits vorab erklärt. „Eva Szepesi ist ein Vorbild für uns alle und wir sind dankbar, dass wir sie haben.“
2017 erhielt Szepesi den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland und die Ehrenplakette der Stadt Frankfurt. 2024 sprach sie zum internationalen Holocaust-Gedenktag im Bundestag. Das Ehrensiegel in Silber wird in unregelmäßigen Abständen an Menschen verliehen, die sich „über das Maß hinaus und aus vollem Herzen“ für die jüdische Gemeinschaft in Frankfurt eingesetzt haben.