Vitamine & Co.: Welche Nahrungsergänzungsmittel darf man nicht zusammen einnehmen?
Die Hälfte der Deutschen schluckt Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Dabei kann man viele Fehler machen – zum Beispiel mit Vitamin D-Kombipräparaten oder Magnesium.
Viele Nutzerinnen und Nutzer stellen Google derzeit diese Frage: „Welche Vitamine darf man nicht zusammen einnehmen?“ Sie zielt in die richtige Richtung – liegt aber trotzdem leicht daneben.
Man stelle sich einen Brunch vor, bestehend aus: Käse, Nüssen, Haferflocken, Sonnenblumenkernen, Milch, Kartoffeln, Avocado, Erdbeeren, Eiern, Fleisch. Da sind sie alle drin, die 13 Vitamine, die der Körper nicht selbst herstellen kann und die wir deshalb von außen zuführen müssen. Tun wir das über längere Zeit nicht, drohen schwere Mangelerscheinungen.
Keine klinisch relevanten Wechselwirkungen zwischen Vitaminen
Kombinieren könnten wir die genannten Lebensmittel ohne Probleme. Warum sollte es sich anders verhalten, wenn Veganerinnen oder Gemüsemuffel diese Mikronährstoffe lieber als Pulver, Pillen oder Saft zu sich nehmen? Es gibt keinen logischen Grund. Dementsprechend knapp beantwortete kürzlich Ingolf Cascorbi vom Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie in Kiel die Frage eines Tageszeitungsredakteurs: Klinisch relevante Interaktionen zwischen Vitaminen seien nicht bekannt, durch die gleichzeitige Einnahme üblicher Dosen seien keine zusätzlichen gesundheitlichen Gefahren zu erwarten.
„Übliche Dosen“ bedeutet in diesem Kontext: Viel hilft nicht viel, sondern kann sogar schaden. Das gilt insbesondere für die vier fettlöslichen Vitamine A, D, E und K, die man leicht überdosieren kann (Eselsbrücke zum Einprägen, angelehnt an den Namen einer großen Einzelhandelskette: EDeKA). Sie können – anders als wasserlösliche Vitamine – nicht einfach über Niere und Harn ausgeschieden werden, sondern reichern sich im Körper an, was zu Vergiftungserscheinungen führen kann. Gerade in den vergangenen Jahren sind Fälle schwerer Vitamin D-Vergiftungen bekannt geworden, ausgelöst durch ein im Internet verbreitetes Konzept, in dem empfohlen wird, extrem hohe Dosierungen einzunehmen.
Kann man Vitamine offenbar freiweg kombinieren, gilt das nicht in gleicher Weise für Mineralstoffe – weder untereinander noch in der Kombi mit Vitaminen und vor allem auch nicht in der Kombi mit Medikamenten.
Hier ein paar Beispiele, die viele Topseller unter den Nahrungsergänzungsmitteln betreffen – also diejenigen, die nach einer repräsentativen Studie der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover in Kooperation mit der Gesellschaft für Konsumforschung GfK Deutschland am häufigsten gekauft werden: die Vitamine C, D und E, die Mineralstoffe Magnesium, Kalzium, Zink und Selen.
Problemfall: Vitamin-D-Kombipräparate
Vitamin D stärkt das Immunsystem und unterstützt das Knochenwachstum und die Knochendichte. Da es nur in wenigen Lebensmitteln wie Fettfischen, Eiern und manchen Speisepilzen enthalten ist und etwa die Hälfte der Bevölkerung laut Robert-Koch-Institut suboptimale Spiegel im Blut hat oder sogar einen Mangel aufweist, kann eine Vitamin-D-Supplementierung mit etwa 800 bis 1.000 I.E. in den Wintermonaten sinnvoll sein. Für Stubenhocker, wohlgemerkt, denn es würde auch genügen, in T-Shirt und kurzer Hose während der Mittagspause eine Viertelstunde Sonnenlicht zu tanken. Dann bildet sich Vitamin D in der Haut aus einer Vorstufe.
Nun ist den Vitamin-D-Präparaten oft Kalzium beigemischt, und bei dieser Kombi sollte man Vorsicht walten lassen. Zwar kann Vitamin D nur dann den Kalzium-Einbau in die Knochen fördern, wenn genug davon vorhanden ist, doch der Kalzium-Tagesbedarf liegt für Erwachsene bei nur 1000 mg. Diese Dosierung findet sich auch in einigen Präparaten aus dem Drogeriemarkt oder der Apotheke.
Trinkt jemand zusätzlich ein Glas Milch und verzehrt zwei Käsescheiben, nimmt er schon doppelt so viel Kalzium zu sich wie erforderlich. Für Veganer: Auch Spinat, Rhabarber und Vollkornprodukte enthalten viel Kalzium. Eine Überdosierung kann auf Dauer Übelkeit, Bauchschmerzen, Nierenfunktionsstörungen, Juckreiz, Hautausschläge sowie Nieren- und Harnsteine verursachen. Vor diesem Hintergrund rät die Zeitschrift Ökotest sogar, Kombipräpate mit Kalzium und Vitamin D3 nur in Absprache mit dem Arzt einzunehmen.
Vitamin D plus Vitamin K? Kein nachgewiesener Nutzen
In manchen Gesundheitsportalen findet man die Empfehlung, zusätzlich zu einer Vitamin-D-Substitutionskur auch Vitamin K zu nehmen, um einen Kalziumüberschuss im Blut (Hyperkalzämie) zu verhindern. So könne einer „Gefäßverkalkung“ vorgebeugt werden. Das ist wissenschaftlich nicht belegt, fasst die Verbraucherzentrale zusammen – ebenso wenig die Behauptung, dass die Einnahme beider Vitamine positive Auswirkungen auf die Knochengesundheit haben könnte. Ja, das Gegenteil ist sogar der Fall, wenn es zum Beispiel um die Behandlung einer Osteoporose geht. In der aktuellen Osteoporose-Leitlinie heißt es: „Vitamin K2 soll nicht zur spezifischen Therapie der Osteoporose verwendet werden.“
Der Mineralstoff Magnesium ist der Gegenspieler zum Kalzium und bei Sporttreibenden aufgrund seiner entspannenden Wirkung gegen Muskelkater und -krämpfe sehr geschätzt – während Kalzium die Muskelkontraktion fördert. Wissen sollte man aber, dass Magnesium die Aufnahme von Eisen und Zink vermindert, weshalb man die Präparate nicht gleichzeitig einnehmen sollte, wenn man beispielsweise Eisen wegen einer Blutarmut substituiert.
Auch der Mineralstoff Selen lässt sich nicht beliebig kombinieren. Er sollte nicht zeitgleich mit Vitamin-C-Präparaten eingenommen werden, weil sonst seine Aufnahme in den Körper verringert sein kann.
Gefährliche Wechselwirkungen mit Medikamenten
Wechselwirkungen mit anderen Nahrungsergänzungsmitteln sind das eine. Gefährlich aber sind auch unerwünschte Interaktionen mit Medikamenten. Vitamin K2 und das ähnlich aufgebaute Coenzym Q10 verringern die Wirkung von gerinnungshemmenden Medikamenten, in der Folge steigen das Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko.
Kalzium und Magnesium vermindern die Aufnahme einiger Antibiotika und die Wirkung von Biphosphonaten, die gegen Osteoporose eingesetzt werden.
Vitamin D kann in gefährlicher Weise mit bestimmten Entwässerungsmitteln und Herzmedikamenten interagieren.
Die Vitamine C und E können bei Krebspatienten aufgrund ihrer antioxidativen Eigenschaften die Wirkung von Chemotherapien abschwächen – diese nämlich zerstören Krebszellen durch oxidative Prozesse.
Die Liste möglicher Wechselwirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln mit Arzneien ließe sich noch lange fortsetzen. Leider sind die Beipackzettel hier lückenhaft, eine gute Übersicht liefert die Verbraucherzentrale hier.
Grundsätzlich sollte sich jeder, der Nahrungsergänzungsmittel schluckt, klarmachen: Man sollte mit ihnen umgehen wie mit Medikamenten. Sie haben in hohen Dosierungen Nebenwirkungen wie Medikamente. Sie interagieren untereinander und mit Arzneien, hemmen oder verstärken sich gegenseitig. Vor allem chronisch Kranke und Krebspatienten sollten nie auf eigene Faust Pillen und Pulver aus dem Drogeriemarkt einnehmen, sondern nur in Absprache mit ihren Ärztinnen und Ärzten.
Leider werden Nahrungsergänzungsmittel vom Gesetzgeber immer noch behandelt wie Lebensmittel, was von Ernährungswissenschaftlern oft kritisiert wird – und sich hoffentlich irgendwann ändert.