„Caren Miosga“: Weidel bei Miosga: „Warum verdrehen Sie die Augen?“
Alice Weidel bei Caren Miosga: Im Gespräch der beiden wirkt vor allem Miosga fahrig und schlecht vorbereitet. Schade, denn es hätte spannend sein können.
Caren Miosga spricht über die Holocaust-Gedenkstunde im Bundestag – Alice Weidel Augen gehen kurz Richtung Decke. „Warum verdrehen Sie die Augen?“ „Mache ich nicht.“ „Achso, dann habe ich das nur gesehen.“ Und so geht es den ganzen Abend. Die Talkmasterin fragt, Weidel antwortet pampig, Miosga macht weiter.
Aber weiter im Text: In der letzten Woche stimmte die CDU zum ersten Mal bewusst mit der AfD im Deutschen Bundestag. Das Land raunte: Ist die Brandmauer gebrochen? Erste Politikbeobachter spekulieren über eine Schwarz-Blaue Koalition nach der Wahl, hunderttausende demonstrieren auf den Straßen.
Internationale Pressestimmen Merz 11.55
Das sollte als Grund ausreichen, sich genauer anzuschauen, was die AfD fordert. Dafür hat Miosga Weidel eingeladen, flankiert von Hildegard Müller, der Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie und dem Vize-Welt-Chef Robin Alexander. Die AfD-Kanzlerkandidatin, Wirtschaftskompetenz in Form von Müller und mit Alexander einen der prominentesten Politikjournalisten der Republik: Ein Rezept für eine spannende Diskussion. Das war sie aber nur stellenweise. Das lag an der Haltung von Alice Weidel, kritische Fragen einfach nicht zu beantworten – aber auch an der Moderatorin.
Nur bei einem Thema, im Einzelinterview am Anfang der Sendung, da hakt Miosga nach, lässt die AfD-Chefin nicht herumlavieren. Sie konfrontiert Weidel mit einer Reaktion des polnischen Präsidenten Tusk. Der hatte nach einer AfD-Wahlkampfveranstaltung, auf der auch Elon Musk auftritt, gepostet: „Die Worte, die wir von den Hauptakteuren der AfD-Kundgebung über „Großdeutschland“ und „die Notwendigkeit, die deutsche Schuld für Nazi-Verbrechen zu vergessen“, hörten, klangen allzu vertraut und unheilvoll.“
Alice Weidel weicht sämtlichen kritischen Fragen von Caren Miosga aus
Daraufhin erwidert Weidel: „Also Donald Tusk ist links und dementsprechend sagt das eigentlich schon alles.“ Miosga lässt das nicht stehen. Sie konfrontiert Weidel mit der Aussage des AfD-Direktkandidaten Matthias Helfferich, er sei das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus. Weidel referiert darüber, dass man erst Extremismus definieren müsse – und für sie sei extremistisch, wenn „völlig rechtswidrig gegen das Grundgesetz, Asylgesetz, gegen internationales Recht die Grenzen geöffnet werden und offen gehalten werden.“ Auf Miosgas Frage antwortet sie konsequent nicht, bis die entgeistert aufgibt: „Nachdem ich festgestellt habe, dass ich auf meine Fragen keine Antwort bekommen habe, möchten wir jetzt gleich unsere weiteren Gäste dazuholen und über Wirtschaft reden.“
Jetzt sitzen Weidel, Miosga, Alexander und Müller nach dem altbekannten Sendungskonzept zu viert am Tisch. Als es um die Energiepreise in Deutschland geht, holt Caren Miosga eine Rechnung des Fraunhofer-Instituts hervor. Windenergie koste 4,3 bis 9,2 Cent, Kernkraft 13,6 bis 49 Cent pro Kilowattstunde. Selbst wenn man die Subventionen herausrechnet, bleibe Wind- deutlich günstiger als Kernkraft.
Weidel antwortet darauf, dass die Rechnung des Fraunhofer-Instituts falsch sei, weil Subventionen die Preise verzerren würden. Was stimmt denn jetzt? Ist Strom aus Windkraft auch ohne Staatsgeld billiger? Miosga weicht aus: „Also was die Zahlen betrifft, werden wir morgen einen Faktencheck nachliefern.“ Man hätte von der Moderatorin einer der größten deutschen Talkshows erwarten können, dass sie bei solchen Themen faktenfest ist – gerade, wenn sie diese Zahlen selbst ins Spiel bringt.
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Danach geht es über Außenpolitik. Weidel sagt: „Wir müssen aufhören, Sklavenstaaten zu sein.“ Deutschland würde sich „vor das Kanonenrohr der USA spannen lassen.“ Ihr Beleg: Friedrich Merz würde die Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers an die Ukraine fordern. Hier widerspricht Alexander: Die Erzählung hat ja eine Haken – wenn die USA fordern, dass Deutschland den Taurus liefert, dann ist Deutschland ja kein Sklavenstaat. Denn der hat ja eben nicht geliefert. Es ist einer der wenigen Glanzmomente der Sendung. Die geht aber auch schon zu Ende.
Und Miosga stellt Alexander die letzte Frage, gibt ihm das letzte Wort. Das ist einerseits gut: Der Welt-Journalist hatte, von der Taurus-Diskussion abgesehen, einen für ihn bemerkenswert kleinen Redeanteil in der Sendung. Andererseits: Alice Weidel ist die Hauptgästin der Sendung und bekommt nicht das letzte Wort? Und als die noch etwas fragen will, lässt das Miosga nicht zu, keine Zeit mehr. Man muss die AfD nicht mögen, um zu sagen: Das ist schlicht und ergreifend ein handwerklicher Fehler. So bleibt nach der Sendung ein bitterer Nachgeschmack: Miosga hat Weidel nicht inhaltlich gestellt – was auch immer das bedeuten soll – sie hat ihr nur eine Bühne gegeben und die AfD-Chefin kann sich nach so einer Aktion als Opfer zu inszenieren.