Krieg im Kongo: Kämpfe zwischen Rebellen und Armee eskalieren – Panik in Millionenstadt Goma
Seit Jahren bekriegen sich die Armee des Kongo und von Ruanda unterstützte Rebellen. Nun ist die Lage im Osten des Landes eskaliert. Millionen Zivilisten sind in Gefahr.
Der Konflikt zwischen der kongolesischen Armee und der Rebellengruppe M23 ist eskaliert: In den vergangenen Tagen eroberten die Milizen den strategisch wichtigen Ort Minova und belagern nun die Provinzhauptstadt Goma. Die Stadt am Ufer des Kivu-Sees, in der sich einschließlich Flüchtlingen rund drei Millionen Menschen aufhalten sollen, ist weitgehend umzingelt. Schwere Kämpfe finden außerdem in der rund 25 Kilometer entfernten Stadt Sake statt, die die letzte Hürde für die Rebellen vor Goma darstellt.
Von Stellungen auf den umliegenden Hügeln schießen die Rebellen mit schwerer Artillerie. UN-Angaben zufolge patrouillieren Blauhelmsoldaten mit der kongolesischen Armee und unterstützen die Sicherung der Zivilbevölkerung, die ins Kreuzfeuer gerät. Bei den Gefechten sollen 13 internationale Friedenssoldaten getötet worden sein.
Friedensgipfel zwischen Kongo und Ruanda gescheitert
Der seit drei Jahren andauernde Konflikt der von Ruanda unterstützten Rebellengruppe M23 gegen die kongolesische Armee im Nordosten Kongos hatte sich zuletzt im Januar dieses Jahres verschärft. Kongo und die UN werfen Ruanda vor, den Konflikt mit eigenen Truppen und Waffen zu schüren. Die Rebellen sollen die Interessen der kongolesischen Tutsi verteidigen, einer ethnischen Gruppe, der der ruandische Präsident Paul Kagame angehört. Laut UN-Experten befanden sich im vergangenen Jahr 3000 bis 4000 ruandische Truppen im Kongo, die die Militäraktionen der M23 „de facto“ kontrollierten.STERN PAID FS Jäger Kongo 15.10
Im vergangenen Jahr war ein für Mitte Dezember geplanter Friedensgipfel zwischen beiden Ländern zur Beendigung des Krieges zunächst geplatzt. Seitdem hatten sich Beziehungen immer weiter verschlechtert.
„Die Situation der Zivilbevölkerung in Goma wird immer gefährlicher und der Bedarf an humanitärer Hilfe ist enorm“, erklärte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch am Samstag. Die Eskalation hat die ohnehin schon katastrophale humanitäre Situation weiter verschärft. Die UN hat ein für Montag geplantes Treffen des Sicherheitsrates auf Sonntag vorverlegt, hieß es aus Diplomatenkreisen.
Der Konflikt hat nach Angaben der Vereinten Nationen allein in den letzten drei Wochen über 400.000 Menschen in der Region vertrieben. Ihnen fehlt Essen, Wasser und medizinische Versorgung. Viele Menschen fliehen aus Angst vor einer Eroberung Gomas über die Grenze ins benachbarte Ruanda.
Auswärtiges Amt warnt vor Reisen in den Osten des Kongos
Die Europäische Union, die Afrikanische Union und die UN verurteilten die militärische Präsenz Ruandas im Kongo und bezeichneten die Unterstützung für die Offensive der M23 durch die ruandischen Streitkräfte als „klare Verletzung des Völkerrechts, der UN-Charta und der territorialen Integrität der DRK“, teilte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas mit.
Nach einem Expertenbericht befinden sich mehr als 1.000 ruandische Soldaten in der Region. Ruanda bestreitet dies. Den Rebellen werden Morde und massenhafte Vergewaltigungen vorgeworfen.PAID Strauss-Kahn Togo Kongo 13.50 Uhr
Die Bundesregierung forderte unterdessen alle deutschen Staatsangehörigen auf, die sich in der Provinz Nord-Kivu aufhalten, zur Ausreise auf. Das Auswärtige Amt warnte am Samstagabend zudem vor Reisen in die Ostprovinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Ituri und Tanganyika und in die angrenzenden Regionen der Provinzen Maniema, Tshopo, Haut-Katanga und Haut-Lomami.
Bei einer weiteren Zuspitzung der Lage können Ausreisemöglichkeiten über den Grenzposten Goma/Gisenyi oder den Flughafen womöglich nicht mehr oder nur erschwert gegeben sein. Bereits jetzt komme es regelmäßig zu Ausfällen ziviler Flüge. Der Krisenstab hatte am Freitag über die Lage in dem zentralafrikanischen Land beraten.
Diplomatischer Zusammenbruch zwischen Kongo und Ruanda
Das zentralafrikanische Land brach alle diplomatischen Beziehungen zu seinem Nachbarland Ruanda ab und berief seine Diplomaten aus Ruanda ab. Zudem forderte das kongolesische Außenministerium die ruandischen Behörden in einem Schreiben an die ruandische Botschaft auf, seine diplomatischen und konsularischen Aktivitäten in der kongolesischen Hauptstadt innerhalb von 48 Stunden einzustellen.
Ein Vertreter des Ministeriums sagte am späten Samstagabend, das Schreiben stelle die schwerste Form eines diplomatischen Zusammenbruchs dar. Die ruandischen Behörden waren aufgrund der späten Stunde nicht mehr für eine Stellungnahme zu erreichen.
Der Ostkongo verfügt über reiche Rohstoffvorkommen. Besonders wertvoll ist das Metall Coltan. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Herstellung von Laptops, Smartphones oder den Batterien von Elektroautos. Die Demokratische Republik Kongo ist weltweit einer der wichtigsten Coltanproduzenten. Die Miliz M23 kontrolliert in den eroberten Gebieten den Abbau des Metalls.