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Kolumne: Wie sich Schmusekatze Robert ins Amt kuscheln will

Der grüne Kandidat will einen neuen Politikertypus verkörpern. Lernend und antipopulistisch. Ehrenwert, erreicht aber das Gegenteil, meint stern-Kolumnist Florian Schroeder 

Seit ein paar Wochen beobachte ich in meinen Shows und bei meinen Reels auf Insta, dass Gags über Robert Habeck nicht mehr besonders gut ankommen. Bei einigen Zeitgenossen überschreitet man da eine Tabugrenze. Die Habeck-Ultras können es mit den Helene-Fischer-Ultras aufnehmen. Sie verstehen absolut keinen Spaß, ihr Star kann übers Wasser gehen, im Zweifel „den Bach rauf“. 

Ich interpretiere die grassierende Humorlosigkeit dieses Milieus so: Robert Habeck ist der Säulenheilige der Generation Lastenrad. Er ist der Messias der Achtsamen und Nachhaltigen, derer, die sich doch stets strebend bemühen, alles richtig zu machen und dennoch in stillen Stunden feststellen, dass sie in erster Linie grün denken und schwarz leben. Das kann sehr belastend sein.

Habeck wird geliebt für einen Politikstil, der vor fünf bis sieben Jahren tatsächlich neu und erfrischend anders war. Ein anderer Ton, eine andere Sprache, eine andere Selbstreflexion. Doch mittlerweile hat sich das Prinzip überlebt. Es wirkt in Zeiten wahrer Zeitenwenden, die sich in den USA gerade im Sekundentakt vollziehen, seltsam aus der Zeit gefallen. Man hat das Gefühl, Habeck, der Kandidat der Menschen, möchte sich mit Streicheleinheiten ins Amt kuscheln. 

Robert Habeck kommt auf Samtpfoten 

Vieles bei Habeck ist gut gemeint und doch schlecht gemacht, weil es allzu prätentiös daherkommt. Wenn Habeck der Kandidat der Menschen ist, kommt bei mir die Frage auf, was waren dann seine Vorgänger? Gut, Gerhard „Ich bin ein Star, holt mich hier rein“-Schröder war der Genosse der Bosse, aber sind Bosse keine Menschen? Der Löwe ist der König der Tiere und der Löwe unter den Politikern ist schon Markus Söder, Habeck wirkt eher wie die Schmusekatze, die am Küchentisch mal nachguckt, ob alles gut ist, ein Ideechen dalässt und sich auf Samtpfoten davonschleicht. 

Umfrage Robert Habeck Eigenschaften 5.54

Habecks Problem besteht nun wiederholt darin, dass es erstaunlich schwierig wird, wenn die Sprache, die er so liebt, mit ihm macht, was sie will. Während der Pandemie sagte er einmal, Betriebe seien nicht insolvent, nur weil sie nichts mehr verkauften. Als Ricarda Lang und Omid Nouripour zurückgetreten waren, meinte Habeck, die beiden hätten noch in ihrem Rücktritt gezeigt, welch gute Vorsitzende sie seien. Kurz hatte man den Eindruck, die beiden seien ein guter Wein: Erst im Abgang zeigt sich, wie gut er wirklich war. Oder der irritierende Satz, wonach „die Debatte um das Gebäudeenergiegesetz, also wie heizen wir in Zukunft, war ja ehrlicherweise auch ein Test, wie weit die Gesellschaft bereit ist, Klimaschutz, wenn er konkret wird, zu tragen“.

Sobald Habeck improvisiert, ist er wie Merz: eine latente „lose cannon“

All diese Momente verbindet eines. Habeck hat den Satz „Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich gehört habe, was ich sage“ zu ernst genommen. All diese Fehler sind anschauliche Beispiele für das Prinzip „Gut gemeint, schlecht gemacht“. Sobald Habeck improvisiert, ist er wie Friedrich Merz: eine latente „lose cannon“. 

Und nun der jüngste Streich unseres Sprachgenies auf Urlaub: die Kapitalerträge in die Sozialabgaben einbeziehen, um die gesetzlichen Krankenkassen zu sanieren. Die Frage im „Bericht aus Berlin“-Interview war doch nur, ob er die private Krankenversicherung abschaffen wolle. Daraufhin so ein Fass aufzumachen, ist eine eigene Leistung. Es ist so absurd, wie wenn Sie auf die Frage „Wo wohnst Du?“ sagen: „Keine Ahnung, aber das Haus sieht aus wie ein Plumpsklo in der Hölle, überall im Wohnzimmer liegen Windeln, Katzenstreu und Zigarettenkippen rum und die Nachbarn sind bei den Hells Angels, aber komm mich sehr gerne mal besuchen.“

Später sagte Habeck auf X, es gehe um Leute, die mit Aktien Millionen verdienen. Damit hat er das Klischee vom superreichen Aktionär weiterverbreitet. Dabei sind die durchschnittlichen Aktionäre gar nicht reich. Die größte Gruppe der Aktionäre verdient zwischen 2000 und 3000 Euro netto im Monat. Die zweitgrößte Gruppe liegt in der Einkommensklasse zwischen 1000 und 2000 Euro. Das bedeutet: Grünen-Wähler gehören nicht dazu. Sie sind schlicht zu reich für billige Aktienspekulationen.

Kampagnenmanager nennen als Grundregel für einen guten Wahlkampf: Löse niemals ein Problem, das noch keiner kennt. Also niemals schlafende Hunde wecken. Habeck macht es umgekehrt: Er schafft ein Problem, das keiner kennt und hat dann auch noch keine Lösung dafür. Kurz: Er hat nicht nur die Hunde geweckt, sondern mit deren Gebell auch gleich das ganze Dorf aus dem Schlaf gerissen und gegen sich aufgebracht.

Ich habe den Eindruck, Robert-„Auch der billigste Kalenderspruch wirkt wie ein Thomas-Mann-Zitat, wenn man ihn nur mit einer unnötigen Relativsatz-Konstruktion ausstattet“-Habeck möchte eigentlich gar nicht Kanzler werden. Und die Grünen wollen das auch nicht. Immer dann, wenn es gerade halbwegs rundläuft, finden sie einen Stolperstein, um alles wieder kaputtzumachen. Mal ist es der Veggie Day, dann wieder das Heizungsgesetz und jetzt eben die Kapitalerträge. 

Aber wer wie Habeck von der Dauerreflexion lebt und tagein, tagaus damit beschäftigt ist, aus Fehlern zu lernen, der muss ja auch regelmäßig Fehler machen. Sonst wäre er bald arbeitslos.